Granada 2017 – Spanisch-Fahrt nach Andalusien

Das Zusammenleben der Kulturen und Religionen in Granada unter maurischer Herrschaft und heute –
La convivencia de las culturas y religiones en Granada bajo el dominio árabe y en la actualidad

Ein friedliches Zusammenleben der drei monotheistischen Weltreligionen war in Al-Andalus, dem Gebiet der iberischen Halbinsel, das im Mittelalter unter islamischer Herrschaft stand, über einen langen Zeitraum möglich. So wird es uns im Geschichtsunterricht vermittelt. Wir hinterfragten in Granada die vielbeschworene Toleranz der maurischen Herrscher: Ist sie ein Mythos oder hat in einer Epoche wachsender Intoleranz im christlichen Europa die interkulturelle Gesellschaft von Al-Andalus tatsächlich eine Offenheit praktiziert, die auch aus heutiger Sicht exemplarisch erscheint. Auf der Suche nach Antworten besuchten wir die Islamwissenschaftlerin und Professorin für Arabistik Prof. Dr. María Ángeles Navarro García in der Universidad de Granada.

Durch Wissenschaftler der Euroarabischen Stiftung, einer akademischen Bildungseinrichtung, die u.a. von der Europäischen Union finanziert wird, und durch Mushin, ein Mitglied von Al-Yanub, einer Studentenvereinigung für die Verbreitung der arabischen Kultur und Sprache, sahen wir uns teilweise gegensätzlichen Schilderungen von Muslimen zu ihrer Lebenswirklichkeit in Granada gegenüber, die vor allem stark von den verherrlichenden Berichten der muslimischen Gemeindemitglieder abwichen. Anders als in unseren Lehrbüchern, denen wir bereits von Wissenschaftlern ausgewertete Untersuchungsergebnisse entnehmen, stehen wir hier vor der Aufgabe, aus den scheinbaren Widersprüchen unsere eigenen Rückschlüsse zu ziehen. Geplant ist, im 3. Semester eine Sammlung von kleinen Artikeln zu unserem Projekt zu verfassen.

In der Universität von Granada im Gespräch mit zwei Islamwissenschaftlerinnen
Besuch in der neuen Moschee von Granada
Erschöpft und glücklich nach unserem Sevillanas-Minikurs
Unsere Sevillanas-Lehrerin Encarnación, eine Zigeunerin aus dem Sacromonte
Diskussionsforum in der Stiftung für Euroarabische Studien
Auf den Spuren der maurischen Herrschaft in Städtebau und Architektur
In der Alhambra - einem Denkmal des maurischen Stils der islamischen Kunst
Eine Pause in der sengenden Hitze Andalusiens
Im Schatten verweilt man gern etwas länger

Als die Katholischen Könige 1492 das letzte maurische Königreich Granada eroberten, musste nicht nur die Herrscherdynastie der Nasriden Spanien verlassen, sondern auch alle spanischen Juden wurden des Landes verwiesen, solange sie nicht zum Christentum konvertierten. 1609 wurden alle Muslime, die Morisken, ebenfalls zur Auswanderung nach Nordafrika gezwungen. Bis ins 21. Jahrhundert ist Spanien ein Land mit stark konservativer katholischer Prägung, doch haben seit mehreren Jahrzehnten auch viele Muslime, größtenteils aus den Maghreb-Staaten, hier eine neue Heimat gefunden. Und was ist aus den spanischen Juden, den Sepharden, geworden? Uns interessierte nun, wie sich das Zusammenleben der Kulturen heute, unter christlicher Herrschaft, in Granada gestaltet. Können sich zum Beispiel die Muslime als religiöse Minderheit frei entfalten? Wie lassen sich Glaubensgrundsätze, Gebets- und Kleidervorschriften mit dem spanischen Arbeitsalltag und den christlichen Nachbarn vereinbaren? Diesen und anderen Fragen gingen wir nach, indem wir Kontakt zur heutigen Moscheegemeinde aufnahmen und uns von den Gläubigen während einer gemeinsamen Mahlzeit ihre Geschichte erzählen ließen. Eine überraschende Erkenntnis waren die vielen spanischen Konvertiten in der Gemeinde.

Unser Vorhaben, auch dem jüdischen Erbe Rechnung zu tragen, konnte nicht umgesetzt werden, weil der Professor für Judaistik, mit dem ebenfalls ein Treffen und ein Stadtrundgang vereinbart waren, kurzfristig erkrankte. Vor allem aber mussten wir erkennen, dass die Ausweisung der Sepharden 1492 endgültig war. Bis heute gibt es keine jüdische Gemeinde, keine Synagoge in Granada.

Nach der Vertreibung der Juden wanderte mit den Roma eine neue Minderheit nach Spanien ein. In Granada bewohnten sie traditionell das Viertel Sacromonte, wo sie sich vor allem in den Höhlen niederließen.

Die Roma gelten als die Meister des Flamenco, dessen vereinfachte Variante der Sevillanas-Tanz ist. Eine Einführung vermittelte uns Roma und Sevillanas-Lehrerin Encarnación in einer der Sacromonte-Höhlen, heute eine Bar.

Natürlich haben wir unsere Reise auch so richtig genießen können. Unsere kulturwissenschaftlichen Studien rundeten wir am Strand von Salobreña ab und tauchten ein in eine Fiesta mit Live-Musik auf einem der belebten Plätze Granadas.

Fotos & Text: Monika Otto